Interview: Was bedeutet Eingedenken?

Wir haben im Februar mit Solarium (kommunistische Gruppe Bremen) über das von ihnen organisierte Eingedenken am 27.01. und ihre Kritik an der radikalen Linken gesprochen. Auf Grund einiger Vorfälle in Bremen haben wir das Interview erst jetzt veröffentlicht.

Ihr habt am Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz einen Spaziergang im Eingedenken an die Opfer des Nationalsozialismus veranstaltet und explizit deutlich gemacht, dass es ein kommunistisches Eingedenken ist. Was meint ihr damit?

Zunächst möchten wir uns klar von anderen Formen des Gedenkens abgrenzen. Wir finden, dass dies zu wenig innerhalb der radikalen Linken und im Besonderen in der antideutschen Szene passiert ist. Gerade in Deutschland, wo das Gedenken zur ideologischen Legitimation des staatlichen Handelns dient, muss man sich in fundamentale Opposition gegenüber jeder offiziellen Form des Gedenkens begeben, wenn man sich nicht von der staatstragenden Zivilgesellschaft der Berliner Republik vereinnahmen lassen möchte.

Wenn Sozialdemokrat*innen der Shoah gedenken und gleichzeitig alles dafür tun, dass der deutsche Außenhandel ungehindert mit dem iranischen Regime in Verhandlungen treten kann, können wir nicht gemeinsam mit solchen Sozialdemokrat*innen gedenken. Gleiches lässt sich über alle anderen deutschen Parteien sagen, die sich in der Regel nur in ihren Geschmacksrichtungen voneinander unterscheiden, dabei an erster Stelle die Handlungsfähigkeit der Berliner Republik im Sinn haben. Eine Ausnahme ist die AfD, die mit großer Mehrheit die Handlungsfähigkeit des deutschen Staates eben im Bruch mit dem Konsens der Berliner Republik sieht – wie wir auch schon im Zuge der Demonstrationen gegen den AfD-Parteitag in Braunschweig geschrieben haben.1

Das kommunistische Verhältnis zur Geschichte muss ein anderes sein, als das bürgerliche oder demokratische. Wie Walter Benjamin – von dem wir uns den Begriff des Eingedenkens geborgt haben – schreibt, zeichnet sich das Bürgerliche durch ein „Einfühlen in die Sieger“ (oder auch nur potenziellen Sieger) aus. Dadurch ist es notwendig instrumentell und trägt dazu bei, die Opfer ein zweites Mal zu erschlagen. Der zivilgesellschaftliche Antifaschismus, von dem sich linksradikale Gruppen unserer Meinung nach zu wenig distanzieren, ist dafür eine besonders exemplarische Veranstaltung.

Was ist euer Problem mit einem zivilgesellschaftlichen Antifaschismus?

Er verkennt, dass sich mit Geschichte nicht gegen die AfD und andere autoritäre Drecksäcke argumentieren lässt, ohne dabei Geschichte eine Teleologie unterzujubeln. Geschichte wird also nicht als bloßes Resultat menschlichen Handelns betrachtet, sondern es wird ein Sinn in ihr vermutet. Besonders krude dabei: Auschwitz, das die Notwendigkeit eines Einspruchs gegen den Glauben an einen vernünftigen Weltgeist deutlich macht, wird vereinnahmt für den Glauben an die Vernunft in den Verhältnissen. Auschwitz wird zur historischen Lektion – hegelianisch zu einer Stufe in der Entfaltung des absoluten Geistes – verklärt. Die postnazistische Gesellschaft der Bundesrepublik kann sich gegenüber den einstigen Opfern und Gegnern des Nationalsozialismus als fortschrittlicher darstellen, da sie dieser Logik nach eine wertvolle Lektion verpasst hätten – sich also auf einer niedrigeren Stufe derEntfaltung befinden.

Ein Beispiel ist das deutsche und österreichische Ressentiment gegenüber dem tschechoslowakischen Nationalismus.2 Gleiches gilt für Joschka Fischers Haltung zur Bombardierung Jugoslawiens, die er mit mit den Worten „Ich stehe auf zwei Grundsätzen, nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz (…)“ legitimierte. Der Deutsche Staat begründete mit der Geschichte eben jenes Nationalsozialismus eine Politik, die gegen einen Staat der Opfer des Nationalsozialismus gerichtet war. Das ist perfide.

Zuletzt hat die Tagesschau wieder bewiesen, dass diese Vorgehensweise häufig gegen Israel – welches im angeblichen Widerspruch zu Deutschland einem nationalen Egoismus folgen würde – in Stellung gebracht wird. Man ertappt sich dabei zu denken, dass die Tendenzen, die Eike Geisel bereits in den 90ern beobachtete, heute offener zu Tage treten, als man es damals für möglich halten konnte. Alle postnazistische Sublimierung des Antisemitismus wird fallengelassen, wenn man dem jüdischen Partikularismus vorwirft, sich nicht dem von Deutschland angestrebten Allgemeinen der durch das Völkerrecht bestimmten Weltgesellschaft zu unterwerfen. Dabei wird so getan, als hätte man die nationalen Eigeninteressen überwunden – oder hegelianisch durch Auschwitz aufgehoben – und verkörpere nun höchstselbst die staaten- und klassenlose Welt auf Basis der Staaten- und Klassengesellschaft. Die deutsche Nation denkt sich und ihre Europäische Union als post-national, was reine Ideologie ist. Wie immer werden die damit einhergehenden Widersprüche an den Jüdinnen, Juden und ihrem Staat ausagiert. Ob nun die Tagesschau oder Heiko Maaß mit seiner Iran-Sympathie, unterscheidet sich nur in Nuancen.

Von welchem angestrebten Allgemeinen sprecht ihr hier?

Vom deutschen Besonderen, das sich anschickt, das Allgemeine zu werden. Von der deutschen Vergesellschaftung, in der, wie Engels anmerkte, die Mittel zum Zweck geworden sind. Die Nation ist also nicht Mittel zur politischen Herrschaft und Antisemitismus ein eher im Unbewussten zu verortendes und nicht im Sinne eines instrumentellen arbeitermarxistischen Begriffes zu verstehendes Mittel zur Aufrechterhaltung der Nation, sondern reiner Selbstzweck.

Dieses Verhältnis von Zweck und Mittel zeigt sich auch in der Rolle, die das Individuum im Staat zugeschrieben bekommt. Während es im westlichen Staatsbegriff, beispielsweise nach Hobbes, ideologisch verzerrt darum geht, das Individuum zu schützen, und gleichzeitig das nie eingelöste Glücksversprechen für das Individuum artikuliert wird, wird im völkischen Staat das Individuum nur als ein ersetzbarer Teil des Volkskörpers gesehen. Die Ersetzbarkeit von Individuen unter dem Kapitalverhältnis wird im völkischen Staat affirmiert und als Ideal angestrebt. Dem Individuum wird Angst genommen, weil ihm Freiheit genommen wird. Nur konsequent mündet das in einer glorifizierten Opferbereitschaft und/oder einem Märtyrerkult, was sich sowohl mit Halbmond als auch mit Hakenkreuz artikulieren kann. Das Individuum erhält nicht als Einzelwesen Bedeutung, sondern als sich dem Zweck des nationalen Kollektivs unterordnendes Mittel.

Besonders deutlich wird das im Unterschied zum westlichen Staatsbegriff Israels, in dem der Schutz des Individuums an erster Stelle steht und alle vom Antisemitismus Bedrohten in ihm eine Zufluchtsstätte finden können. Etwas, das auf Grund der gegenwärtigen Vergesellschaftung als einzige mögliche Verteidigung, gegen die permanente Gefahr der völkischen Krisenlösung, gelten muss. Dies drückt sich nicht zuletzt in der Parole islamistischer Selbstmordattentäter*innen aus, die gegen Israel proklamieren: „Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod.“ Deswegen haben wir auf unserem Eingedenken und auf sämtlichen Demonstrationen die israelische Flagge getragen und werden es auch weiter tun. So wie wir situativ wie auf den letzten Metern beim Gedenkspaziergang immer auch die Fahne der alliierten Siegermächte und anderen Staaten tragen werden, die sich gegen das völkische und für die auf der Achtung des Individuums basierende Form der kapitalistischen Vergesellschaftung einsetzen. Um Manfred Dahlmann zu paraphrasieren: Wir sind uns unseres Kommunismus so sicher, dass es uns in keine Identitätskrise stürzen kann, wenn wir uns der Bedingung der Möglichkeit von kommunistischer Kritik bewusst werden.

Das erinnert ein bisschen an die Diskussion zwischen Ulrich Enderwitz und Gerhard Scheit über die Frage „Kann es einen Materialismus geben, der nicht antideutsch ist?“3 und an die Überlegungen der FightForFreedom-Gruppe oder Franz Neumann in der historischen Situation des Nationalsozialismus.4

Genau in dieser Tradition sehen wir uns als kommunistische Gruppe, die nicht in einen zynischen und objektivistischen Schematismus a là GegenStandPunkt verfallen will. Daran knüpft unser Eingedenken an.

Was heißt aber nun Eingedenken konkret?

Es ist der Versuch, dass die Opfer als Individuen und nicht als Kollektiv durch das Vergessen oder durch die Instrumentalisierung der Opfer der Geschichte, die, wie Geisel schreibt, als Erinnerung selbst ein Akt des Vergessens ist, nicht ein zweites Mal erschlagen werden. Wir fordern ihr Recht auf eine erlöste Zukunft für die gesamte Menschheit gegenüber der Geschichte ein. Eine erlöste Zukunft, das ist eine Zukunft, in der Staat und Kapital abgeschafft worden und nicht (negativ) in den Verhältnissen aufgehoben sind. Kurzum: Der Kommunismus liegt außerhalb der Geschichte und außerhalb der Politik.

Als Kommunist*innen stehen wir radikal gegen die Geschichte, die als Prozess nicht als Entfaltung der Vernunft sondern bloß als Formwandel der Knechtschaft verstanden werden muss. Eingedenken ist folglich immer gegen die Geschichte gerichtet. In ihr findet sich kein metaphysischer Budenzauber als Sinn, der durch Didaktik oder Wissenschaft oder revolutionäre Praxis freigelegt werden könnte. Sie ist als Ganzes das Unwahre, das einzig und allein in der messianischen und bestimmten Negation auf Erlösung verweist. Gegen sie ist unser Denken und Handeln ein einziges – wie Max Horkheimer es nennt – entfaltetes Existenzialurteil.

Und unser Vorwurf an die radikale Linke ist, dass sie genau diese Radikalität gegenüber der Geschichte (und auch der Politik) vermissen lassen; dass sie hoffen, eines Tages selbst die „Sieger der Geschichte“ zu sein, was sich auch in diesem irrsinnigen Bild vom Klassenkampf ausdrückt, das aktuell wieder aus der Mottenkiste der Geschichte gekramt wird.5 In Einbahnstraße hat Walter Benjamin dazu den Aphorismus Feuermelder veröffentlicht, in dem er anmerkt, das jenes Bild vom Klassenkampf den Eindruck erweckt, es gehe darum, einen Kampf heroisch zu gewinnen. Wohingegen gehe es doch darum, die Zündschnur auszumachen – an einer anderen Stelle schreibt er: die Notbremse zu ziehen –, ehe es zu spät sei und der bürgerlichen Gesellschaft die Selbstvernichtung gelänge, die sie von jeher anstrebte. Mit Selbstvernichtung meinen wir all jene nach Vernichtung strebenden Bewegungen, die aus dem Kapitalverhältnis heraus erwachsen: Seien es islamistische Attentäter*innen und ihre linksliberalen Liebhaber*innen, sei es ein offen nach rechts abdriftendes Bürgertum oder alternative Selbstmordsekten.

Ihr betont immer wieder, eure Kritik an der radikalen Linken sei, dass in dieser zu wenig Radikalität vorhanden wäre. Von linksaktionistischer Seite könnte da eingewandt werden, dass dies nur in der Reinheit der Theorie möglich wäre und nicht in der durch die gesellschaftlichen Widersprüche bestimmten Praxis. Sogenannte Linksantideutsche könnten anmerken, dass es keine richtige Praxis im Falschen gäbe.

Das klingt schon stark nach Leninismus und Unterwerfung unter die als Naturgewalt empfundenen politischen Verhältnisse. Selbstverständlich behaupten wir nicht, dass es den leuchtenden Pfad der reinen Lehre gibt und die radikale Linke uns auf diesem folgen muss. Wir wissen, dass es nicht möglich ist, die befreite Gesellschaft innerhalb der gegenwärtigen Zwangsverhältnisse vorweg zu nehmen, aber das ist noch lange kein Grund, sich diesen Verhältnissen zu unterwerfen, sich bereitwillig in eine politische Charaktermaske zu verwandeln, wie es unsere alten Genoss*innen aus der Linksjugend reihenweise machen.6 Am Ende spricht man dann nur als menschliche Manifestation einer Institution. Die eigene Existenz scheint nur deshalb zu existieren, weil das Wesen jener Institutionen erscheinen muss und man dazu eben menschliche Individuen braucht.

Wir sind uns bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns der eigenen Radikalität nicht gerade gering ist und diverse Spielarten der formalen Logik gegen unsere Vorstellungen von einer gerechten Einrichtung der Welt sprechen. Wir sind aber auch nicht Kommunist*innen geworden, weil uns der Kommunismus als besonders erfolgsversprechende Form erschien, den Lauf der Welt zu beeinflussen. Kommunismus ist für uns schlicht und ergreifend die einzige Art und Weise, wie die Welt so eingerichtet werden könnte, dass die Menschheit als Gattung und nicht als Anbeter*innen des automatischen Subjekts des Kapitals die Geschichte gestaltet.

Was versteht ihr dann als linksradikales Denken und Handeln? Wie betätigt ihr euch als Gruppe, wenn ihr nicht in bloßer Theorie versinken wollt?

Natürlich gibt es in der Welt von Staat und Kapital keine außerhalb von Staat und Kapital liegenden Formen, innerhalb derer wir uns betätigen könnten. Es gibt aber – und da sind wir wieder auf einer ähnlichen Ebene wie beim völkischen und westlichen Staat – Formen, die mehr oder weniger Nichtidentität zulassen, die es uns ermöglichen neben unserer Funktion als Charaktermaske noch ein Individuum zu sein. Parteien oder nach dem Vorbild von Parteien organisierte postautonome Strukturen sind definitiv keine Orte, an denen das abweichende Verhalten von Außenseiter*innen gern gesehen wird. Auch wenn sie selbst als Kollektiv von Außenseiter*innen angetreten sind, neigen sie dazu, ihre Identität in Krisenzeiten repressiv gegen innere und äußere Angriffe zu verteidigen. Im Grunde haben wir in der Linksjugend nichts anderes erlebt, als man mit aller Kraft versucht hat zu verhindern, dass eine explizit israelsolidarische Gruppe sich in den eigenen Reihen betätigt. So tolerant man gegen israelsolidarische Einzelpersonen mittlerweile sein mag, wenn sie sich organisieren, drohen sie zur Gefahr für die eigene Agenda zu werden. Es bleibt einem nur der Austritt oder die Selbstkritik im Stile eines Georg Lukács, in der die eigene Existenz nicht negiert, aber akzeptiert wird, dass sie sich hinter einer den Weltgeist verkörpernden Institution zu stellen hat.

Im Wahlkampf oder im Kampf um die Diskurshohheit und kulturelle Hegemonie oder sonstigen Formen linker Politiken besteht immer die Gefahr, dass man die eigene Hoffnung auf Erlösung an die Verhältnisse verkauft. Das wird oft in den Biographien rückblickend als notwendiger und heroischer Akt dargestellt, so wenn Joschka Fischer erklärt, er sei als Taxifahrer zum „Realo“ geworden. Wahrscheinlich glauben die Leute wirklich, dass das Opfern der jugendlichen Revolte auf dem Altar der Geschichte irgendeine notwendig zu erbringende Leistung wäre, anstatt der in dieser Vergesellschaftung notwendige Schritt zum Erwachsenwerden. Sie vergessen, dass das Streben nach Revolte durch die Jugend sublimiert werden soll und die eigentliche Revolte nur darin bestehen kann, dieser Utopie im Negativen noch die Treue zu halten und sich weder von der eigenen Ohnmacht, noch der Macht der anderen dumm machen zu lassen.

Und das heißt nun im Bezug auf linksradikale Praxis?

Die Trennung von Theorie und Praxis führt zu dem, was wir gerade skizziert haben. Die Theorie wird zum schwärmerischen Beiwerk, ist im Zweifel irrelevant und bloß als Zitatfundus von aktuell noch junggrünen Aktivist*innen und potenziell zukünftigen schweren Herzens Menschen abschiebenden Charaktermasken Verwendung findet. Das heißt weiter, dass es der radikalen Linken um eine Kritik gehen muss, die ihren Finger in die Wunden der Verhältnisse legt, die die Ideologien auf die notwendig ihnen innewohnenden Antinomien zuspitzt und versucht, den reibungslosen Fortlauf der Geschichte zu stören. Es geht um den Versuch einer Subversion der Gesellschaft, die sich den Mitteln, welche notwendigerweise von den herrschenden Verhältnissen gegeben sind, bedienen muss, aber nie die Überwindung jener Mittel vergessen darf. Eine Überwindung, die – und das zeigen der teleologische Leninismus und die aus diesem Geiste erwachsende Sowjetunion – nicht von allein geschieht, die nicht aus den Verhältnissen selbst heraus erreicht wird. Der Staat wird nicht von selbst absterben, nachdem man zu ihm ein instrumentelles Verhältnis entwickelt hat und ihn nicht mehr braucht. Das ist purer Idealismus, entbehrt jeder realen Grundlage und funktioniert nicht ohne Staatsfetischismus.

Der Staat als Mittel lässt in Kriegs- und Krisenzeiten keine Nichtidentität zu, das hat schon Hegel in der Rechtsphilosophie festgehalten. In ihm und mit ihm gibt es für Kommunist*innen nichts zu holen, es kann maximal Schlimmeres – hier sei noch einmal auf FightForFreedom und Franz Neumann erinnert – verhindert werden. Der Staat hält stets den Status quo von Staat und Kapital aufrecht. Das heißt jedoch nicht, dass es nicht Parlamentarier*innen und andere den Parteien und dem Staatsapparat nahe stehende Personen gibt, die eine Arbeit verrichten, vor der wir unseren Hut ziehen können, die im NSU-Untersuchungsausschuss oder bei einer von Parteien gestützten Recherchearbeit von neonazistischem Treiben oder durch eine politische Sabotage der deutsch-iranischen Außenhandelsbeziehung tätig sind. Es sind jene Personen, die immer wieder mit innerparteilichen Widerständen zu kämpfen haben, und niemals ihre Institutionen, vor denen wir unseren Hut ziehen.

Personen, die ja in der absoluten Unterzahl sind und anhand ihrer Taten anstelle von Worten zu messen sind. Man denke nur an Klaus Lederer oder Bodo Ramelow, die von allen israelsolidarischen Linksparteimitgliedern immer hochgehalten worden sind, sich dann aber trotzdem mit Jakob Augstein zum Gespräch trafen oder gegen eine Antifa-Demo wetterten, weil diese die schöne Harmonie im eigenen Land störte.

Antideutsch hieß für uns immer auch Nestbeschmutzer zu sein. Damit sind ja nie diejenigen gemeint, die das Nest tatsächlich beschmutzen, sondern die, die auf den Dreck unter der sauber polierten Oberfläche hinweisen. Das Nest ist das eigenene Land und die eigene Stadt, die eigene linksradikale Szene und eben das Label antideutsch. Und daran ist jede Kritik zu messen. Deshalb ist allen Linksradikalen fehlende Radikalität vorzuwerfen, wenn er oder sie bereitwillig Kompromisse für die Sache oder wie im Falle von den großen postautonomen Bündnissen für die bloße Masse eingeht. Natürlich basieren gewerkschaftliche Erfolge auf der mobilisierten Masse und natürlich ist jeder Erfolg in Sachen Arbeitnehmer*innennrechten erfreulich, aber man kann und darf auch nicht vergessen, inwieweit jener Erfolg zu einer Stabilisierung der Verhältnisse führt. Es geht nicht darum, das Elend als Bedingung der Kritik zu sehen, sondern darum, alles zu kritisieren, was dem schönen Leben entgegensteht und eben nicht aus taktischen Erwägungen irgendetwas von der Kritik auszunehmen.

Wohin das führt, wenn nicht mehr kritisiert wird und alle sich in ihrer Blase mit der von ihnen als erstrebenswert erachteten Hegemonie zurückziehen, kann man in der linksradikalen Begriffslosigkeit der Gegenwart gut erkennen, wo Individuen hinter durch Szenecodes kommunizierten Zugehörigkeiten verschwinden. Aus diesem Grunde ist es uns wichtig, den Gedenkspaziergang losgelöst von Organisationen zu betrachten. Es geht uns um den kategorischen Imperativ nach Auschwitz, der Kommunist*innen vom deutschen Mordkollektiv aufgezwungen wurde und weiterhin besteht: Nämlich dass Auschwitz nicht nicht einmal sei, dass nichts Ähnliches geschehe.

Danke für das Gespräch.

 1Solarium: Flugblatt zu Crash the Party: https://antideutschorg.wordpress.com/2019/11/28/flugblatt-zu-crash-the-party-afd-bundesparteitag-in-braunschweig/ 
2Siehe dazu den Audiomittschnitt des Vortrags von Florian Ruttner: https://ia601407.us.archive.org/8/items/florianruttnerwestlicherundvolkischerstaat/Florian%20Ruttner%20-%20westlicher%20und%20völkischer%20Staat.wav
3Vgl. Redaktion antideutsch.org: Kann es einen Materialismus geben, der nicht antideutsch ist?: https://antideutschorg.wordpress.com/2018/11/05/wertarbeit/
4Vgl.: Redaktion antideutsch.org: Verteidigung der falschen Freiheit: https://atomic-temporary-146385930.wpcomstaging.com/2019/01/06/verteidigung-der-falschen-freiheit-%ef%bb%bf/
5Vgl.: Solarium: Der Staat bist du! Charaktermasken abschminken!: https://antideutschorg.wordpress.com/2020/01/07/kapital-staat-ihre-fetische-und-dieses-deutsche-scheiszland/
6Die Gruppe Solarium ging aus dem gescheiterten Versuch, innerhalb der Linksjugend einen Landesarbeitskreis Shalom zu gründen, hervor.

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