Infantile Agitation VII

Der Mai ist traditionell ein Monat, der für die Arbeiterbewegung eine hohe Bedeutung hat. Schon in alten Broschüren und Propagandabildern wurde der Sozialismus als hellstrahlende Frühlingszeit dargestellt, der in eine neue Welt weist. Am 1. Mai ging man traditionell auf die Straße und tut es teilweise heute noch, wobei die Beliebtheit von Maiumzügen der Gewerkschaften – vor allem bei den jungen Leuten – immer weiter abnimmt. Was den jugendlichen politischen Menschen von heute mehr motiviert, ist der traditionelle Naziaufmarsch, der irgendwo in der Bundesrepublik stattfindet und zu dem die Massen pilgern. Diesen Tag scheinen die Nazis „von uns“ gestohlen zu haben.

Dieser Betrachtung fehlt die Erkenntnis, dass der Korporatismus in Deutschland ein funktionierendes Modell war, genauso wie die faschistischen Sozialpakte in Italien und Österreich bis 1938. Wirtschaftlich sollte die Arbeiterklasse ganz ohne Klassenkampf zu Verbesserungen gelangen und der Tripartismus (Bündnis von Staat, Kapital und Arbeit) dieser Systeme sollte dem wurzellosen Kapitalismus entgegengesetzt werden. Diese Idee, welche bereits im 19. Jahrhundert mit Beginn der völkischen Bewegung um sich zu greifen begann, verstärkte sich noch durch den als „Augusterlebnis“ verstandenen Beginn des ersten Weltkriegs und vor allem den „Sozialismus des Schützengrabens“, in dem eben alle gleich gewesen seien, ob Offizier oder einfacher Soldat. Insgesamt ist der völkische Antikapitalismus eine in der Rechten präsente Kraft, das heißt, es gibt durchaus eine Theorie, die sich eben als antikapitalistisch begreift.

All das wird nicht mitgedacht, wenn man gegen eine solche Veranstaltung mobilisiert. Dann geht es nicht nur um den Aufmarsch der geliebten Erzfeinde, sondern eben um die Verteidigung des „Tages der Arbeit“. Ganz so, als wäre der bundesdeutsche Tripartismus und der eigene Arbeitsbegriff etwas, was man den nationalen Sozialisten entgegenhalten halten kann um seine Gegnerschaft zu demonstrieren. Und so verwundert es auch nicht, dass die Jusos mitmischen müssen, um die Verblödung großer Teile der Sozialdemokratie vorzuführen, die bereits in jungen Jahren kultiviert wird. Der verzweifelte Versuch aus dem Mann, der den Staat der Holocaustüberlebenden der Wasser-Apartheit bezichtigte, wirklich alles herauszuholen, wird hier bis zur absoluten Kläglichkeit ausgereizt. Diesen Monat daher:

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