No Heimat! – Diesmal wirklich.

Weshalb wir in diesem Jahr nicht an den Aktionen gegen den Heimattag teilnehmen.

Bald ist es wieder soweit: Ein Sportplatz wird symbolisch besetzt, danach werden Bühne und Zelt trotzdem aufgebaut. Der Heimattag steht an, das xte Mal in Folge.
In den vergangenen Jahren ist deutlich geworden, dass weder die Stadt Leinefelde noch die vom Bündnis gegen Rechts Eichsfeld herbeifantasierte Zivilgesellschaft vor Ort die Absicht haben, sich ernsthaft mit dem hiesigen Naziproblem auseinanderzusetzen. Es werden keinerlei Schritte unternommen, die NPD-Veranstaltung zu unterbinden. Deshalb werden wir uns in diesem Jahr weder an den Gegenaktionen beteiligen noch zur Teilnahme an diesen aufrufen.

1. Jährlich grüßt das Murmeltier

Wie eben schon angesprochen, sind wir von den Bedingungen vorort angenervt. Offensichtlich besteht kein Interesse daran, die örtliche Nazi-Szene und ihr jährliches Fest nachhaltig zu behindern. Schon vor drei Jahren hat der Landkreis vor den Nationalist*innen kapituliert, allen voran Landrat Werner Henning, der zwar gegen die Durchführung der Veranstaltung geklagt hatte, nach der Niederlage vor Gericht aber keine weiteren Schritte unternehmen wollte. Stattdessen sollten die Nazis lieber „aktiv ignoriert“ werden.

Dabei konnte die Stadt Jena deutlich machen, dass es sehrwohl möglich ist, gegen Neonazi-Events vorzugehen – wenn man* denn entschlossen genug ist.

Nicht so im Eichsfeld. Hier baut die Stadt liebend gerne den jährlichen Veranstaltungsort der Nazis noch mit besserer Technik und einem festen Zaun aus, damit dort einfacher Veranstaltungen über die Bühne gehen können. Außer der NPD hat dort jedoch niemand irgendetwas durchgeführt. Mittlerweile ist der „Heimattag“ zu einem etablierten Event der rechten Szene in Thüringen geworden. Die rückläufigen Teilnehmer*innenzahlen sind dabei zu vernachlässigen – dieses Treffen ist ein bundesweiter Austausch- und Vernetzungstermin der rechten Szene.

2. Wer sich nicht bewegt…

Ein erfolgreicher Protest gegen Nazistrukturen ist nur dann möglich, wenn Ideen, Initiative, Unterstützung und Motivation aus der örtlichen Bevölkerung kommen. Offensichtlich sieht es da in Leinefelde schlecht aus. Möglichkeit 1: Die Menschen haben grundsätzlich Berührungsängste mit politischen Inhalten und nehmen deshalb nicht an Vorbereitungstreffen oder Gegenprotesten teil.
Möglichkeit 2: Die Leinefelder*innen verschanzen sich am betreffen Wochenende in ihren Wohnungen, um der angespannten Situation in der Stadt zu entfliehen. (Eventuell wurden sie im Vorfeld sogar von Neonazis bedroht und haben Angst. Ja, sowas gibt’s auch im Eichsfeld.)
Möglichkeit 3:  Sie nehmen im schlimmsten Fall sogar am Nazifest teil, denn „da ist ja endlich mal was los in der Stadt.“
Solange die Menschen in der Stadt die Neonazis akzeptieren und sich nicht aktiv gegen die zunehmend rechten Strukturen wehren, wird sich an der Gesamtsituation nichts ändern.
Es reicht nicht, einmal im Jahr 48 Busse und diverse Züge voller Aktivist*innen in ein Provinzkaff einzuladen, um dort gegen Nazis zu demonstrieren. Das Problem sind die 364 anderen Tage, an denen sich niemand dafür interessiert, was Nazistrukturen im Eichsfeld treiben. Damit wird eine Atmosphäre geschaffen, in der sich weitere Naziaktivitäten ungestört vermehren können – der jährliche Gebetskreis wird daran nichts ändern.

3. Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

Schon bevor die eben angesprochenen 48 Busse anreisen und engagierte Antifaschist*innen nach Leinefelde bringen, gibt’s Mecker von der Bürger*inneninitiative. Die Leute sollen auf schwarze Kleidung verzichten, schließlich sei man* ja bunt, und natürlich kann man* auch ohne Einspruch die Auflagen der Neonazi-Veranstaltung übernehmen, schließlich will man* ja zeigen, dass man* vorbildlich und vertrauenswürdig ist. Man will Gesicht zeigen, bunt sein und in erster Linie das eigene Gewissen beruhigen. Dieser ganze Zirkus ist an Heuchelei nicht zu übertreffen.

Wer andere als die bisher bekannten Aktionsformen (zB Blockaden) konsequent ablehnt und grundsätzlich ausschließt, kann keinen Erfolg haben. Der größte Protestzug wird die Nazis nicht von ihrer völkischen Party abhalten. Ein Gottesdienst schon gar nicht. Wer noch dazu der externen Unterstützung vorschreiben will, wie diese sich in der gutbürgerlichen Stadt zu verhalten habe, verprellt langfristig wertvolle Bündnispartner*innen. Wir sind gespannt, wie die Lage in diesem Jahr aussehen wird und schlürfen in der Zeit, die wir in die Organisation der Gegenproteste stecken würden, lieber einen Cocktail am Pool.

Fassen wir die Lage zusammen:
Weder Stadt noch Landkreis zeigen sich bereit, den Rahmen der Möglichkeiten auch nur anzutasten und lassen die Nazis gewähren, das ist bequemer.
Die Bürger*innen sind entweder uninteressiert oder befürworten die Veranstaltung sogar.
Die Bürger*inneninitiative sehnt sich nach ein bisschen Frieden, hofft, dass das schon irgendwie gut gehen wird und lebt ihre Vorstellung von friedlichen Protesten gegen eine gewaltbereite Zusammenrottung national-konservativer Kräfte aus. Selbst die 68er-Bewegung hatte mehr Kraft.

Fazit

Wir widmen uns vorerst anderen Themen und unsere Kraft ernsthaften antifaschistischen Initiativen.
Jede Stadt kriegt den Naziaufmarsch, den sie verdient.

2 Kommentare zu „No Heimat! – Diesmal wirklich.“

  1. Hey association PROGÉS Ich verstehe eure Frustration nur zu gut jedoch wenn man jetzt aufgibt hat man doch gleichzeitig eine Hochburg für die Nazis geschaffen und die politisch Aktivien die dagegen vorgehen wollen hat man gleich weitere Steine in den weg gelegt deswegen bitte ich euch doch weiter was machen gegen die Nazis Solidarität mit allen Antifaschistischen Organisationen den nur gemeinsam schaffen wir das

    1. Wir beteiligen uns lediglich nicht an der Aktionsform des Bürgerbündnisses. Das heißt keinesfalls, dass wir aufgeben würden. Daran denken wir gar nicht. 😉 Wir würden uns nur eher über andere Formen des Protests freuen. Bei anderen Aktionen bleiben wir selbstverständlich weiter am Ball.

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