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Über die Grenzen der Mitbestimmung

„Man braucht nichts im Leben fürchten, man muss nur alles verstehen.“ – Marie Curie

Diesen Satz zitiert das Worbiser Marie-Curie-Gymnasium auf der Startseite seines Internetauftritts. Dass dort und im Schulamt Nordthürigen nicht nach diesem Zitat gehandelt wird, machen die Schlagzeilen dieser Woche deutlich. Bestmögliche Lernbedingungen schreiben sich viele Thüringer Schulen in ihre Leitbilder – So auch das Marie-Curie-Gymnasium:
„In unserer Schule legen wir besonderen Wert auf eine gute Arbeits- und Lernkultur, um eine bestmögliche Persönlichkeitsentwicklung jedes Einzelnen zu erreichen. Ein faires Miteinander ist uns wichtig, um ein hohes Bildungsniveau zu erzielen. Wir schaffen ein vertrauensvolles Miteinander von Schülern, Lehrern und Eltern. Transparenz und regelmäßige Informationen bilden die Grundlage demokratischer Beteiligung und Mitentscheidung.“, lässt sich die Internetseite weiterhin zitieren.

Wie diese „gute Arbeits- und Lernkultur“, das „faire Miteinander“ und die „demokratische Beteiligung“ aussehen, lässt sich in dieser Woche aus zahlreichen Medienberichten entnehmen. Eigentlich sollte klar sein, dass sich diese Ziele nicht dadurch erreichen lassen, indem Schüler*innen Konzerte verboten werden, bei denen sie die Gelegenheit gehabt hätten, einen bekannten Interpreten kennenzulernen. Wenn die Verantwortlichen nur ein wenig Kreativität gezeigt hätten, wäre es kein Problem gewesen, ein halbstündiges Konzert als fächerübergreifenden Unterricht zu verstehen und zu genehmigen, zumal laut Leitbild „neben dem naturwissenschaftlichen Profil […] die musisch-künstlerische Ausbildung“ eine große Rolle spielt.
Dass diese Ideen nicht Teil der Philosophie des Nordthüringer Schulamts sind, ist in dieser Woche durch das Untersagen des Konzerts des Sängers Graham Candy am Marie-Curie-Gymnasium in Worbis mehr als deutlich geworden. Statt auf die Wünsche und Ideen der Schüler*innen einzugehen und einen Kompromiss zwischen der Planung des Radiosenders 89.0 RTL, den Sicherheitsanforderungen der Ordnungsbehörde und des Schulamts und der Einhaltung der Schulpflicht zu suchen, wurde auf totalitäre Art und Weise eine Entscheidung über die Köpfe der Schüler*innen hinweg gefällt. Mitbestimmung sieht anders aus!

Dass offenbar Pädagog*innen mit einem Schüler*innenstreik, also der nachvollziehbaren Reaktion auf dieses Verbot, überfordert sind und keinen anderen Ausweg als Gewaltanwendung sehen, ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die demokratische Einbeziehung der Schüler*innen nicht im normalen Schulalltag vorgesehen ist.
Den Satz „Wir pflegen Traditionen in vielfältiger Weise.“ nimmt die Schulleitung offenbar besonders ernst.

Edit: Mittlerweile findet das Konzert doch statt. Die Kritik am Umgang mit den Schüler*innen des Gymnasiums bleibt jedoch unabhängig davon bestehen.

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