Nominierung der Fraktion CDU im Eichsfelder Kreistag und des Landrats Dr. Werner Henning für den Preis für die größtmögliche Gemeinheit 2014

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Der Flüchtlingsrat Thüringen e. V. hat Anfang August über seine Website eine große Preisvergabe ausgeschrieben. Es geht darum, den „Preis für die größtmögliche Gemeinheit“ und den „Preis für herausgehobenes Engagement für die Rechte von Flüchtlingen“ zu vergeben.


Der Flüchtlingsrat schreibt dazu folgendes:
Anlässlich des „Tages des Flüchtlings“ am 26. September 2014 verleiht der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. 2014 zum 12. Mal einen „Preis für die größtmögliche Gemeinheit“ sowie zum 8. Mal einen „Preis für herausgehobenes Engagement für die Rechte von Flüchtlingen“.
Wir bitten um das Einreichen von Vorschlägen bis 08. August 2014.

„Preis für die größtmögliche Gemeinheit“:
Den „Preis für die größtmögliche Gemeinheit“ können Behörden, Institutionen, Einzelpersonen u.a. erhalten, die herausragende Anstrengungen bei der Diskriminierung und Ausgrenzung von Flüchtlingen unternommen haben. Besonders „gewürdigt“ werden dabei vorauseilender Gehorsam, die exzessive Verletzung von Persönlichkeitsrechten sowie außergewöhnliche Bemühungen, die (rechtliche) Lage von Flüchtlingen in Thüringen (weiter) zu verschlechtern. „Preis für herausgehobenes Engagement für die Rechte von Flüchtlingen“:
Um Menschen in Thüringen zu würdigen, die sich seit langer Zeit und/oder in besonderem Maße für die Rechte von Flüchtlingen und eine Verbesserung ihrer Lebenssituation einsetzen, lobt der Flüchtlingsrat jährlich einen „Preis für herausgehobenes Engagement für die Rechte von Flüchtlingen“ aus. Diesen Preis können Menschen, Initiativen, Vereine u.a. erhalten, die sich ehrenamtlich engagieren, Zeit und oftmals auch Geld investieren, um manchmal „nur“ im Kleinen konkret zu helfen. Auch in diesem Jahr wollen wir einen Preis für herausgehobenes Engagement für die Rechte von Flüchtlingen ausschreiben und vergeben. Der Preis ist mit 100 Euro dotiert.
Wir rufen alle Personen und Initiativen auf – wie in den vergangenen Jahren – Vorschläge einzureichen, wer die diesjährigen Preise erhalten soll.
Einsendefrist ist Freitag, der 8. August 2014.
Der Vorstand des Flüchtlingsrat Thüringen e.V. wird unter den eingereichten Vorschlägen den/ die diesjährige/n Preisträger/in auswählen. Der Preis wird am 26.9.2014, am Tag des Flüchtlings verliehen.

Bis zum 08.08. konnten also Vorschläge eingereicht werden, und natürlich wollten wir diese besondere Chance nutzen. Folgenden Text haben wir pünktlich an den Flüchtlingsrat geschickt:

Nominierung der Fraktion CDU im Eichsfelder Kreistag und des Landrats Dr. Werner Henning für den Preis für die größtmögliche Gemeinheit 2014

Begründung: Im Eichsfeld ist das Thema „Flüchtlingsheim Breitenworbis“ schon immer schwierig gewesen. Das Flüchtlingsheim liegt außerhalb des Ortes Breitenworbis in direkter Nachbarschaft einer LPG mit Kläranlage. Die sanitären Einrichtungen sind – wie die restlichen Räume – in schlechtem Zustand; außerdem sind nur wenige Kochstellen vorhanden. Seit Jahren engagieren sich Menschen aktiv und versuchen, die Geflüchteten zu unterstützen. Auch die Bewohner*innen des Heims haben sich schon an die zuständigen Stellen im Landkreis Eichsfeld gewendet, um auf ihre Bedürfnisse aufmerksam zu machen. Ihre Versuche, selbst für menschenwürdige Lebensbedingungen einzutreten, wurden konsequent als überzogen dargestellt oder aber ignoriert.
In der Zeit des Jahreswechsels 2013/2014 kam es sogar zu direkten Übergriffen auf das Flüchtlingsheim. So versuchten Unbekannte am 27.12.2013, einige Bewohner*innen des Heimes mit einem Auto von der Straße abzudrängen. Zudem wurde das Gebäude einige Tage später mehrfach mit Feuerwerkskörpern beschossen und mit Steinen beworfen. Die Polizei konnte zu diesen Vorfällen nur mitteilen, dass die Situation “hier nicht anders als woanders” sei. Zudem wurden “Streitigkeiten” unter Bewohner*innen des Heimes als Beispiel für bisherige Polizei-Einsätze vor Ort mit den Angriffen auf die Unterkunft verglichen. Die Tatsache, dass diese Konflikte vor allem aufgrund des Zusammenlebens auf engstem Raum in dem Gebäude auftreten, wird hier völlig unbedacht gelassen.

Nach fast 20 Jahren Heimbetrieb scheint das Thema auch die amtierenden politischen Parteien erreicht zu haben. So setzten die örtlichen Bündnisgrünen und die SPD das Thema am 26. März auf
die Tagesordnung der Kreistagssitzung. Der Antrag sah vor, die Geflüchteten in eigenen Wohnungen, bezahlt durch den Landkreis, in den umliegenden Kleinstädten unterzubringen. Dazu müsste der Kreis die Versorgung selbst in die Hand nehmen Vor der Tagung verteilten engagierte Flüchtlinge aus Breitenworbis und von der Flüchtlingsorganisation “The Voice Refugee” Flyer mit der Überschrift “Für die Schließung des Isolationslagers Breitenworbis“. In dem Schreiben kritisieren sie abermals die menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen sie nach langer Flucht zu leben gezwungen sind. Die dort formulierten Forderungen sind unter anderem die Abschaffung der Residenzpflicht, die freie Wahl des Wohnortes, ausreichende ärztliche Versorgung und damit auch Zugang zu psychologischer Betreuung, sowie das Aufenthaltsrecht für alle und der sofortige Abschiebestopp.

Auch dieses Mal glänzte Landrat Dr. Werner Henning (CDU) mit Inkompetenz und Ignoranz und betonte, es sei “kein guter Stil, wenn der Eindruck erweckt wird, dass der Kreistag hier Dinge bewegen könnte“. Sein Kollege Rolf Berend (ebenfalls CDU), ehemals Mitglied des EU-Parlaments, zerriss demonstrativ das Flugblatt der Flüchtlingsinitiative und nannte es “einen Skandal”, dass das Isolationslager Breitenworbis als solches bezeichnet würde, da “der Begriff Lager in Deutschland eine ganz andere Bedeutung” habe. Nach einer Stunde Diskussion wurde der Antrag gestellt, den Punkt 9 von der Tagesordnung zu streichen. Die Fraktionen der FDP und CDU stimmten dafür und somit war die Debatte für diesen Abend beendet. Kaum verwunderlich ist, dass die NPD am darauf folgenden Samstag, dem 29. März, in Heiligenstadt mit Flyern gegen die “Asylflut” hetzte und auf Stimmenfang ging. In dem Flugblatt wird einmal mehr die Lüge verbreitet, die meisten Flüchtlinge seien Wirtschaftsflüchtlinge und wollten es sich in der sozialen Hängematte bequem machen.
Der Umgang des Landkreises Eichsfeld mit hilfsbedürftigen Menschen ist ekelhaft. Die aktuelle Politik schürt weiterhin rassistische Ressentiments, redet die menschenunwürdigen Zustände schön und legt Menschen, die sich für die Rechte von Geflüchteten stark machen, bewusst Steine in den Weg. Die Strategie des „Aktiven Ignorierens“, die Landrat Henning auch in Bezug auf das nunmehr im 5. Jahr stattfindende Rechtsrock-Festival in Leinefelde an den Tag legt, setzt sich im Umgang mit den Geflüchteten fort.

Es ist aus unserer Sicht deshalb mehr als gerechtfertigt, den wichtigen „Preis für die größtmögliche Gemeinheit 2014“ der CDU-Fraktion und Dr. Henning zu verleihen. Sie haben sich diese Auszeichnung redlich verdient.

Association Progrès

 

Auf die Preisverleihung am Tag des Flüchtlings, dem 26.09., warten wir jetzt gespannt. Wer auch immer die Preise bekommt, hat sie mit Sicherheit verdient.

Weiterführend:
Presse- und andere Texte zum Thema:

Association Progrès: Wider den rassistischen Verhältnissen
Monsters Of Göttingen: Landrat sieht keinen Handlungsbedarf
The Voice: Radio-Beitrag zur Situation im FlüchtlingsIsolationslager Breitenworbis
TLZ: Asylheim Breitenworbis ist Mittwoch Kreistagsthema
TLZ: Hitzige Debatte um Asylbewerberheim Breitenworbis im Kreistag
TLZ: Erste Gespräche zur zukünftigen Unterbringung von Asylbewerbern im Eichsfeld

Ein Kommentar zu „Nominierung der Fraktion CDU im Eichsfelder Kreistag und des Landrats Dr. Werner Henning für den Preis für die größtmögliche Gemeinheit 2014“

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